Immer wieder begegnen wir Menschen, deren Verhalten uns «komisch» vorkommt. Unsere spontane Reaktion ist oft, sie im Stillen zu verurteilen –
manchmal reden wir sogar mit anderen darüber, nur um Bestätigung für unser Urteil zu bekommen. Doch Hand aufs Herz: Ist das nicht einerseits ziemlich überheblich und andererseits auch
feige?
Unser Verstand funktioniert wie ein Archiv unserer Erfahrungen. Schon als Kinder haben wir gelernt, dass wir manchmal nicht so sein durften, wie
wir waren – Kritik, Erwartungen oder Enttäuschungen haben sich eingeprägt. Diese Erinnerungen sortiert der Verstand in «gut» und «schlecht» und verknüpft sie mit angenehmen oder unangenehmen
Gefühlen. Taucht eine ähnliche Situation auf, schlägt er sofort Alarm – aus dem Wunsch heraus, uns zu beschützen.
Doch heute sind wir erwachsen. Wir müssen nicht immer wieder in diese alten Geschichten zurückfallen und dem Verstand so viel Macht verleihen. Wir
sind selbst verantwortlich für unser Glück. Anstatt uns über andere aufzuregen, könnten wir uns fragen: Warum triggert mich dieser Mensch? Was löst er in mir aus? Was
brauche ich gerade – und kann ich es mir selbst geben? So bleiben wir bei uns, übernehmen Verantwortung für unseren Anteil und unsere Gefühle und müssen uns nicht von
der anderen Person abgrenzen oder sie zurückweisen.
Wie befreiend wäre es, wenn wir Begegnungen einfach annehmen könnten – ohne uns hineinziehen zu lassen, sondern als Chance für unsere eigene Weiterentwicklung? Am Ende bleibt die Situation, wie sie ist. Aber wir haben die Freiheit, wie wir damit umgehen – und genau darin liegt unsere Möglichkeit zu wachsen und heil zu werden.